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Beitrag vom 07.05.2006
Der Beweis - Liebe zwischen Genie und Wahnsinn
Christiane Müller
Hat die Studentin Catherine (Gwyneth Paltrow) nicht nur das Talent, sondern auch die Geisteskrankheit ihres Vater geerbt? Der geniale Mathe-Professor (Anthony Hopkins) litt an Demenz...
Normalsterbliche mit einem durchschnittlichen IQ können sich die Welt eines Mathematikgenies nur ansatzweise vorstellen. Der (oder die) brütet nämlich monatelang über einer einzigen "Rechenaufgabe" und die hoch komplizierte Herleitung eines Beweises kann zig Seiten lang sein. Um so eine geniale Denkleistung, die die Mathematik revolutioniert, geht es in "Der Beweis - Liebe zwischen Genie und Wahnsinn". Hat die attraktive Catherine (Gwyneth Paltrow) dieses außergewöhnliche Talent oder war es doch ihr Übervater, der bewunderte Mathematik-Professor (Anthony Hopkins), der den Beweis erarbeitet hat?
Catherine sitzt am Vorabend ihres Geburtstages, der gleichzeitig der Tag der Beerdigung ihres Vaters ist, deprimiert in ihrem Haus. Sie ist emotional ausgelaugt und voller Wut, hat sie sich doch die letzten fünf Jahre aufopferungsvoll um den demenzkranken Vater, einst DAS Mathe-Genie der USA, gekümmert. Sie unterbrach ihr Studium, pflegte den oft verwirrten alten Mann und vernachlässigte nicht nur ihre Begabung, sondern auch ihre sozialen Kontakte. Student Hal (Jake Gyllenhaal) darf Daddies Notizbücher durchsehen, denn es könnte ja sein, dass der geistig Erkrankte doch noch einige geniale Ideen hatte. Hal ist ein netter Typ, der es nur gut meint, doch die uneitle, uncharmante Catherine reagiert in ihrer Trauer und Depression sehr aggressiv auf ihn. Erst später geht sie auf seine Avancen ein und es entwickelt sich eine zarte Liebe. Die Ankunft der völlig gegensätzlichen Schwester (Hope Davis) bringt sie vollends auf die Palme. Die dekadente, oberflächliche New Yorker Schicki-Micky-Tussi ist nur an dem Nachlass des Vaters interessiert und will Catherine aus ihrer gewohnten Umgebung reißen.
In Rückblicken wird das Leben mit dem Vater gezeigt, den Anthony Hopkins hinreißend wie immer spielt. Sehr berührend sind die Szenen, in denen er in geistiger Umnachtung seiner Tochter seine neuen "bahnbrechenden Entdeckungen" zeigt - und diese schockiert feststellen muss, dass es nur sinnloses Gekritzel ist. Gwyneth Paltrow zeigt einmal mehr, dass sie eine wirklich gute Schauspielerin ist. Wie sie die verzweifelte Intellektuelle verkörpert, die Angst hat, die gleiche Krankheit wie der Vater zu bekommen, ist sehr überzeugend. Und endlich ist "Gwynnie" mal nicht schön-sexy-charmant, sondern ruppig, abweisend und überraschend aggressiv. Mut zu einem anderen Look für sie hatte das Filmteam leider nicht. Sie sieht adrett aus wie immer, allerdings fast ohne Make-up.
Wer Jake Gyllenhaal bereits in Ang Lees genialem "Brokeback Mountain" als schwulen Cowboy gesehen hat und nun eine ähnlich tolle Performance erwartet, wird enttäuscht sein. Seine Rolle des begeisterten Mathestudenten ist zwar ganz süß, aber sein Talent kann er als Stichwortgeber für Paltrow höchstens ansatzweise zeigen. Schade.
Übrigens: Zum ersten Mal seit "Shakespeare in Love" arbeitet Oscar-Gewinnerin Gwyneth Paltrow wieder unter der Regie von John Madden. Er hatte das Drama bereits am Theater inszeniert. Es ist eine Adaption des Pulitzer-Preis prämierten Stücks von David Auburn.
AVIVA-Tipp: Ein Muss für Gwyneth-Platrow-Fans. "Der Beweis" ist eine gelungene Theaterstück-Adaption mit vielen spannenden Dialogen. Der nachdenklich stimmende Film ist kein Meilenstein der Kinogeschichte, aber durchaus sehenswert.
"Der Beweis" startet am 4. Mai 2006 im Verleih von Buena Vista International in den Kinos.
Originaltitel: Proof (USA 2005)
Regie: John Madden
DarstellerInnen: Gwyneth Paltrow, Anthony Hopkins, Jake Gyllenhaal, Hope Davis u.a.
100 Minuten